Die Chance
Wenn wir uns fremd sind
wenn wir uns verloren haben
wenn wir nicht mehr wissen
wer wir sind
wenn die Welt still steht
wenn keiner mehr weiß
woher wir kommen
wohin wir gehen
wie das hier zu Ende geht
wenn wir glauben
dass alles verloren
weil nichts mehr zu sein scheint
dann können wir anfangen
uns zu begegnen
wo es weh tut
wo es schmerzt
wo wir lieben
damit wir erkennen
wie wertvoll wir sind.
[©Lena Fleddermann]
Ein Pakt
Alles oder nichts.
Jetzt oder nie.
Beide oder keiner.
Riskiere statt warte,
alles auf eine Karte.
Du nicht ohne mich.
Ich nicht ohne dich.
Trauen statt Meiden.
Schweigen statt Leiden.
Glauben statt Zweifeln.
Zusammen statt einzeln.
Wir,
zwei Clowns
auf einer Reise
manchmal laut
manchmal leise
einheitlich
in jeder Weise.
[©Lena Fleddermann]
Berufung
Leben ist ein Theaterstück
ein ewiges Auf und Ab
gefüllt mit Pech und Glück.
Es spielt keine Rolle
welche Rolle ich spiele,
ob König, Narr, ob Clown
es gibt unzählbar viele.
Am Ende zählt nicht der Anfang
am Anfang nicht das Ende
in der Mitte zählt die Wende.
Das Leben ist Wandlung.
Happy End ist Täuschung.
Der Sinn ist Entwicklung.
[©Lena Fleddermann]
Paroli bieten
Hör nicht hin
und lass sie reden
lass sie die Gerüchte leben.
Hör nicht hin
und lass sie quatschen
lass die dummen Enten tratschen.
Hör nicht hin
und lass sie johlen
lass ihn´ ihre Scheißhausparolen.
Hör nicht hin
und lass sie es besser wissen
das Leben das sie führen
ist sowieso beschissen.
[©Lena Fleddermann]
Warum?
Warum hast du
mich in Stücke zerteilt
und meinen Körper
von meiner Seele getrennt?
Manchmal
schwebe ich über mir
sehe durch mich hindurch
verschwinde im Nichts.
Ich glaube nicht daran
dass ich es bin
die sich im Spiegel sieht.
Habe mich selbst verloren
bin mir fremd geworden
und jetzt fliege ich
in Milliarden Stücke
in die du mich zerbrochen.
Ich bin nah dran
mir selbst zu begegnen
und kurz davor
mir zu verzeihen.
Doch nie kann ich vergessen
warum meine Seele
so unermüdlich schreit.
Warum hast du das getan?
Warum?
[©Lena Fleddermann]
Hamburg
Sehr verehrte Perle,
ich hab nicht nach dir gesucht
als ich meine Flucht verflucht´
doch du hast mich gefunden
und mich an dich gebunden.
Geflüchtet bin ich vor mir
Asyl fand ich nur bei dir.
Als alle Türen zu gekracht
hast du die Muschel aufgemacht
und meinem rastlosen Leben
einen sicheren Anker gegeben.
Ich hab mich vor dir verneigt,
du hast mir dein Mehr gezeigt.
In jeder noch so dunklen Nacht
da hast du mir beigebracht,
Perlen verlieren ihren Schimmer,
doch ein Nordlicht leuchtet immer.
Wat mut dat mut und denn man tau
dein Wind von vorn ist stetig rau.
Geliebt von Deern und Kerlen,
bist du die schönste aller Perlen.
[©Lena Fleddermann]
Verlust
Ein Gedanke
schwebt über mir
still und leise
wie ein Windhauch
zieht er vorüber
streift mein Herz
setzt sich nieder
bleibt für immer.
Kein Wort
könnte je beschreiben
was ich fühle
nichts fürchte ich mehr
als den Verlust
das Vergessen
und Verblassen
meiner Erinnerung
an deinen Geruch
deine Art
deine Liebe.
[©Lena Fleddermann]
Ausmaß
Nicht der Krieg selbst
auch nicht seine Waffen,
nicht die verlorene Zeit
machen mir zu schaffen.
Weder im Warum
noch in dessen Antwort
hört man das Krawumm
das in meinem Hirn bohrt.
Weder Täuschung noch die List
vermeiden das Unvermeidliche,
erst wenn der Krieg zuende ist,
zeigt sich das Offensichtliche.
Ein unbegreifliches
unüberwindbares
Trümmerfeld.
[©Lena Fleddermann]
Sieg
Als ich in den Krieg zog,
waren es nicht die Waffen,
die mich niederschlugen.
Es war das quälende Warten.
Das Warten auf Veränderung.
So sollte mein Krieg erst enden,
als ich nach Jahren begriff,
dass ich in der Zukunft weilte.
Worauf wartete ich?
Auf das Nachlassen meiner
Schmerzen?
Auf ein Wunder,
das es nicht gab?
Auf die Erfüllung meiner Träume?
Je länger ich wartete,
desto brutaler wurde der Krieg.
Bis ich nicht mehr atmen konnte.
Bis ich zur Kriegerin geworden
war,
die gegen sich selbst kämpfte.
Erst als das Schreien im Kopf
mich zu Boden riss,
ließ ich meine Waffen fallen
und verließ das Schlachtfeld
meiner lärmenden Gedanken.
Ganz plötzlich wurde es still
und ich realisierte,
dass ein Krieg keine Gewinner hat,
dass das Warten nichts änderte,
dass nur die Gegenwart mich erlöste.
Als ich aufgab,
gewann ich alles.
[©Lena Fleddermann]
Narren
Eine Minute voll mit Lachen,
addiert dem Leben eine Stund.
Lass uns das mal öfter machen
einfach so und ohne Grund.
Wenn das nämlich wirklich stimmt,
sind wir ganz schön schlau gewesen,
obwohl wir doch zwei Narren sind.
Hab das einst mal so gelesen,
als ich auf der Suche war.
Was ist denn der Sinn des Lebens?
Da wurde mir die Antwort klar.
Jede Mühe ist vergebens,
wenn ein Glück nicht mehr erfreut,
Stunden in der Zukunft sein,
ist, was man so sehr bereut.
Grübeln macht die Seele klein,
doch Lachen macht sie groß.
Wo andre gerne alles halten,
lässt der Narr ganz einfach los.
Den Verstand mal abzuschalten,
ist ein leicht verdientes Glück.
Wo andre immer rückwärts denken,
schaut der Narr niemals zurück.
Um sein Lachen zu verschenken,
bedarf es keiner Vorbereit.
Ich möchte deine Freude teilen,
weil es mich doch sehr befreit.
Lass uns nicht in Zukunft weilen,
der Gegenwart ´ne Chance geben,
jetzt und gleich und morgen.
Lass uns doch mal leichter leben,
ohne Angst und ohne Sorgen.
[©Lena Fleddermann]
Hochsensibel
Meine feinen Antennen
finden ohne zu kennen
den Fehler im System.
Feingefühl ist unbequem
in einer Welt voll Tyrannen
Stacheldraht und Nadeltannen.
Dicke Schicht
will ich nicht
ich bin ich.
Chaosqueen und Zappelphillip
kann nicht still sitzen
auf hundert Matratzen
schlafe lieber im Stroh
ohne Erbsen und so.
Prinzessin und Räubertochter
heute lieb morgen frech
mein Glück euer Pech
auf hundert Fragen
folgt eisiges Schweigen.
Wirbelwind und Sorgenkind
mit hundert Schichten
heute tief morgen intensiv.
So bin ich,
so bleib ich.
Wahrhaftig.
Nehmt mich so
oder lasst es.
[©Lena Fleddermann]
Rote Nase
Von Zeit zu Zeit
sperr ich mich ein
in das bunte Kostüm
eines Clowns.
Der ist lustig,
der macht Quatsch.
Die Menschen,
sie lachen,
gehen weiter,
haben ihn kurz darauf
schon vergessen.
Doch manchmal,
da kommt einer,
der klaut ihm
seine rote Nase,
denn er sieht
hinter die Fassade.
Rote Nasen
erkennen sich
einander.
Du hast meine geklaut
und ich deine.
Du hast mir etwas
von dir gezeigt –
deinen Schmerz.
Und jetzt
wird mir dein Vertrauen,
das Rote-Nase-Klauen
immer was bedeuten.
Denn ein Clown
sammelt Augenblicke
ein Clown
lebt davon.
[©Lena Fleddermann]
Zauber
Durch die Wälder
führst du mich,
Auf deinem Rücken
trägst du mein Herz,
das tonnenschwere,
weil es für mich
zu schwer geworden.
Deine Schritte
voller Würde.
Deine Wärme
voller Geborgenheit.
Glitzer fällt
durchs Blätterdach.
Dein Schnauben,
Musik in meinen Ohren.
Deine Hufen,
werden schneller,
bis wir fliegen.
Das ist der Zauber.
Das tiefe Geheimnis
zwischen Himmel und Erde
zwischen Tag und Nacht
zwischen Mensch und Tier
zwischen dir und mir.
[©Lena Fleddermann]
Paradoxon
Mir ist kalt,
will mich verkriechen,
mir eine Burg baun´
aus den Kissen.
Heute sag ich
kein Wort.
Wenn ihr mich
berührt,
dann wüte ich,
so wie es
in mir wütet.
Geht weg.
Nein,
bleibt noch.
Kommt zurück.
Lasst mich.
Wartet.
Ich will nicht.
Es ist dunkel
in meiner Burg,
noch dunkler
in meinem Herz.
Warum
versteht mich
denn keiner?
Ich friere.
Liebt mich,
wenn ich es
am wenigsten
verdiene.
Da brauche ich
es am meisten.
[©Lena Fleddermann]
ADHS
Ich sehe Details,
die andere nicht sehen.
Ich spüre Veränderungen,
bevor sie geschehen.
Ich weiß Dinge,
die manche nie ahnen werden.
Ich schreib Worte,
von denen andre nur lernen.
Ich leb die Abenteuer,
die fast alle vermeiden
hab Perspektiven,
um die mich viele beneiden.
Ich bin jetzt eine Gewinnerin.
[©Lena Fleddermann]
Der Deal
Wenn es in uns stürmt und kracht
hat Gott einen Deal gemacht
Dämonen dürfen uns befallen
und uns um die Ohren knallen
wie schwach wir doch dann sind
wenn uns der Verstand bestimmt
Dämonen lehren uns das Wagen
die Zunge auf dem Herz zu tragen
im Kriege können wir erkennen
und uns zu uns selbst bekennen
Überwindung heißt das Zauberwort
Treuepunkte gibt es dann vom Lord.
[©Lena Fleddermann]
Das Karussell
Manchmal
will ich die Welt anhalten
wie ein Karussell
das sich dreht
manchmal
wird mir schwindelig
von der rasenden Zeit
die um mich kreist
mein Schreien ignoriert
manchmal
will ich runterspringen
die Welt verlassen
aussteigen
weil ich das Schreien
nicht mehr ertrage
die Dunkelheit
den Schmerz
der so unermüdlich
in meine Bauchdecke drückt
in mein Hirn schießt
meine Gedanken durchbohrt
meinen Magen entleert.
Das Karussell des Lebens
dreht immer weiter
immer schneller
hält nie an
wer kann da noch atmen?
Ich sehe wie alles
an mir vorbei fliegt
halte mich noch
mit letzter Kraft
bis alles auseinander fällt
und endlich still wird
aber dann wieder
von vorne beginnt.
[©Lena Fleddermann]
Loslösung
Ich bin auf der Flucht,
um dem zu entkommen
was ich verzweifelt suche
so schmerzlich vermisse.
Als ich es erfasse
es endlich begreife
löst es sich auf.
In jenem Moment
da es mich berührt
zu mir findet
löse ich mich auf.
Erst der Zustand
der vollkommenen Loslösung
bringt alles in Einheit.
Erst jener Augenblick
lässt mich erkennen:
Das, was ich so begehre
so sehnsüchtig erwarte
aber vollkommen verdränge
wonach ich so dürste
so unstillbar hungere
ist die verlorene Seele
meiner selbst.
[©Lena Fleddermann]
Kapitänin
Ich steh hier oben auf meinem Schiff
ich, die Kapitänin hab alles im Griff
im tosenden Sturm und hohen Wellen
werd ich gegen die Klippen schellen
wie ein totes Wrack zu Boden sinken
und dann zwischen Haien ertrinken
und wenn da noch was übrig bleibt
ist´s meine Seele die im Wasser treibt
bis sie dann im Meer verschwindet
wo sie endlich Ruhe findet.
[©Lena Fleddermann]